Das Drehbuch zum digitalen Lernspiel „Der Wechsel“

Autorin: Britta Will

Das Drehbuch zum digitalen Lernspiel „Der Wechsel“ handelt von einer Geschichte mit Wechseln in vielerlei Hinsicht. Der Hauptcharakter des Spiels, Alex, ist ein Jugendlicher aus Darmstadt, der zur Schule geht, sich gerne mit seinen Freunden Max, Timo und Franzi trifft und Kaugummis liebt. Sein Vater, Harald Weber, ist Polizist bei der Kriminalpolizei in Darmstadt und liebt es Fälle und Alltagssituationen mithilfe von Mathematik zu lösen. Dies wiederum macht Alex´ Mutter, Simone, oft wütend. Dies ist vor allem der Fall, wenn sie mathematische Gleichungen und Grafiken als Antworten auf ihre Fragen erhält, deren Inhalt sie selbst entschlüsseln soll. Genau dies bleibt ihr leider auch bei Benny, dem jüngeren Bruder von Alex, nicht erspart. Dieser eifert nämlich den mathematischen Angewohnheiten seines Vaters nach. Auch Alex selbst lässt sich gerne von den mathematischen Fällen seines Vaters begeistern und entwirft deshalb einen Plan: In ganz Darmstadt will er unbemerkt Überfälle nach einem mathematisch verschlüsselten Plan begehen: Dem sogenannten W-Plan. Um diesen ungehindert durchführen zu können, beauftragt er den Spieler, für ihn einige Wochen auf Abruf bereit zu stehen, um ihn in seinem Leben zu vertreten. Dieser wiederum weiß nichts von Alex´ Plan. Der Spieler muss Szenen durchspielen, in welchen er Freunde und Familie von Alex trifft, welche von diesem Wechselspiel natürlich nichts bemerken (sollen)…

Für diesen einseitigen Rollenwechsel gibt Alex dem Spieler ein Notizbuch, in welchem er alle Informationen über sich, seine Familie und Freunde sowie mathematische Informationen aufgeschrieben hat, die der Spieler für das Wechselspiel benötigt. Zudem überreicht Alex dem Spieler ein Handy, um ihn jederzeit erreichen zu können. Damit er sicher gehen kann, dass sein Ersatzdarsteller ihn nicht verrät, verspricht Alex dem Spieler einen Lohn, der maximal 12 Euro (entspricht 12 Punkten) pro gemeisterter Spielsituation beträgt. Alex berechnet das Gehalt anhand der individuellen Leistungen des Spielers beim Lösen der gestellten Aufgaben innerhalb der einzelnen Szenen. Schließlich möchte Alex würdig vertreten werden und weiß, dass diese Aufgaben, welche mathematische Darstellungswechsel in funktionalen Zusammenhängen thematisieren, knifflig werden können.

Geschickt hat Alex eingefädelt, dass sein zeitweises Verschwinden im Alltag aufgrund der Vertretung durch den Spieler nicht auffällt. Zudem lässt er am Ende, als die Polizei ihm dicht auf der Spur ist, den gutgläubigen Spieler als Täter dastehen und flüchtet. Nun ist es die Aufgabe des Spielers, der Polizei seine Unschuld zu beweisen.

In dem Lernspiel gibt es Hauptszenen (1, 2, 3, 4, 7.1, 8.1, 9.1, 10) und Nebenszenen (5.1, 5.2, 6.1, 6.2, 7.2, 7.3, 8.2, 8.3, 9.2, 9.3). Die Hauptszenen werden von allen Spielern durchgespielt. In die Nebenszenen gelangt ein Spieler hingegen nur, wenn er bei den in den Hauptszenen gestellten Aufgaben zu bestimmten Darstellungswechseln nicht die volle Punktzahl erreicht hat. Der Spieler kann dann entscheiden, ob er eine Erklärungsszene und/oder eine Übungsszene absolvieren will. In den sogenannten Erklärungsszenen besucht der Spieler eine Schulstunde, in welcher ihm grundlegende Erklärungen zu dem entsprechenden Darstellungswechsel nahegelegt werden. Anschließend gelangt er entweder in eine Übungsszene, in welcher er die Möglichkeit erhält, den Darstellungswechsel noch einmal gezielt zu üben, oder er geht direkt zur nächsten Hauptszene weiter. Spieler mit voller Punktzahl gelangen direkt in die nächste Hauptszene, in welcher ein anderer Darstellungswechsel thematisiert wird. Nach jeder Hauptszene wird abhängig von der jeweiligen Leistung des Spielers neu entschieden, in welche Szene er als nächstes gelangt.

Szene 10 verlangt vom Spieler die Beherrschung aller im gesamten Lernspiel behandelten Darstellungswechsel. Dabei beeinflusst seine Leistung den Ausgang des Lernspiels. Abschließend erhält jeder Spieler einen Gesamtüberblick über die im Lernspiel erreichten Punkte zu den jeweiligen Darstellungswechseln in funktionalen Zusammenhängen. Thematisiert werden im Lernspiel „Der Wechsel“ die Wechsel von einer situativen Darstellung zu einer grafischen sowie zu einer algebraischen Darstellung. Dabei werden jeweils die drei Handlungsanforderungen Identifizieren, Realisieren und Erklären berücksichtigt. Die Aufgaben wurden überwiegend den HEUREKO Testheften (vgl.: Testhefte HEUREKO (Unveröffentlicht): TU Darmstadt) entnommen und in das Lernspiel implementiert. Zum Teil wurden kleine Änderungen bzw. Anpassungen daran vorgenommen, um sie in die Geschichte des Lernspiels einbetten zu können.

Für das Lernspiel „Der Wechsel“ sind zwei unterschiedliche Spielversionen vorgesehen. Zum einen gibt es die Vollversion, in welcher – je nach Leistung – alle Szenen, also Haupt-, Übungs- und Erklärungsszenen, wie im Drehbuch beschrieben, absolviert werden können. Zum anderen besteht die Möglichkeit, das Lernspiel nur als Schulversion durchzuspielen. In dieser Version werden nur die Hauptszenen vom Spieler durchgespielt. Damit ist das Spiel zeitlich gesehen auch in einer Schulstunde einsetzbar. Notwendige Übungen und Erklärungen zu den einzelnen Darstellungswechseln müssen dann im Unterricht in einer anderen Form erfolgen. Diese können jedoch mithilfe der Punkteauswertung, die der Spieler am Ende des Lernspiels erhält, individuell abgestimmt werden.

Das Lernspiel ist für eine Zielgruppe im Alter von 14 bis 16 Jahren, also Acht- und Neuntklässler, konzipiert. Darin werden ansprechende Themen wie Autorennen, Sport, Alltagsphänomene sowie Kriminalfälle behandelt und unter anderem die Gefahren von Alkoholkonsum thematisiert. Zudem bietet „Der Wechsel“ den Reiz, für Jugendliche moralisch bedenkliche Situationen, wie zum Beispiel das Schummeln bei einer Klassenarbeit, durchzuspielen. Das Wechselspiel mit dem Hauptcharakter – ohne genaue Informationen über dessen tatsächliches Vorhaben – sind ebenfalls dazuzuzählen. Solche Situationen können eine reizvolle Wirkung in der pubertären Entwicklungsphase der Jugendlichen auslösen. Motivierend wirkt sich insbesondere auch die Möglichkeit aus, „Geld“ für die erbrachten Leistungen zu erhalten. Ebenso motivationsfördernd wirkt das Ende des Spiels, welches der Spieler mithilfe des eigenen Leistungsniveaus beeinflussen und damit die eigene Schuld oder Unschuld beweisen kann. Neben den ansprechenden Themen des Spiels lernt der Spieler in „Der Wechsel“ gleichaltrige Charaktere kennen, mit welchen er sich identifizieren kann. Der Kontakt zu Alex über das Handy per SMS oder Anruf ermöglicht dem Spieler zudem den Umgang mit einem für ihn allgegenwärtigen Medium.

In Bezug auf die kognitiven Stile, welche Gregory (2005) in ihrem Werk erläutert, lässt sich eine breite Zielgruppe definieren. Für Beach Balls ist das Lernspiel insbesondere deshalb geeignet, da sie in einigen Sequenzen des Spiels selbst über den weiteren Lernweg entscheiden können. Dazu dienen die Auswahlbuttons, mit welchen entschieden werden muss, ob eine Schulstunde oder eine andere Szene besucht werden soll. Auch die Buttons, welche zum Teil beim Lösen von Aufgaben erscheinen und dem Spieler eine Erklärung anbieten oder direkt die Eingabe einer eigenen Lösung ermöglichen, fördern die Selbstbestimmung des Spielers. Zudem ist für Beach Balls die rote Markierung von falschen Antworten gut geeignet. So hat der Spieler die Möglichkeit durch „Versuch [und] Irrtum“ (Gregory, 2005, S. 46) die richtige Lösung zu finden. Natürlich kann das Ausleben einer solchen Experimentierfreudigkeit im Lernspiel „Der Wechsel“ zu Punktverlusten führen, was jedoch für diesen Lerntypen eher anspornend wirken kann, da er am besten in „Konkurrenzsituationen“ (Gregory, 2005, S. 46) arbeitet und das Erspielen von Punkten als eine solche wahrgenommen werden kann. Insbesondere wirkt sich die Konkurrenzsituation beim Spielen der Schulversion des Lernspiels in der Klasse aus, wo die jeweils erreichten Punktzahlen mit denen der Klassenkameraden unmittelbar verglichen werden können.

Für Puppies hat das Lernspiel „Der Wechsel“ den besonderen Vorteil, dass bei allen Aufgaben ein Alltagsbezug hergestellt wird. Dies verdeutlicht den Sinn für das Lernen von Aufgaben diverser Darstellungswechsel in funktionalen Zusammenhängen. Die im Lernspiel enthaltenen Simulationen unterstützen das „anschauliche[ ] Denken“ (Gregory, 2005, S. 47) eines Puppies. „Persönliche Aufmerksamkeit und Unterstützung“ (Gregory, 2005, S. 47) erhält der Spieler insbesondere beim Durchspielen der Vollversion von „Der Wechsel“, indem anhand seiner individuellen Leistungen ein Lernweg bestimmt wird. Gelangt er in die Nebenszenen, so erhält er Erklärungen zu den einzelnen ihm gestellten Aufgaben.

Microscopes können im Lernspiel „Der Wechsel“ von den individuellen Rückmeldungen profitieren und damit ihr Sicherheitsbedürfnis befriedigen. Eine solche Rückmeldung erhalten sie hauptsächlich über die Mitteilung der jeweils erreichten Punkte beziehungsweise anhand des verdienten Geldes in einer Szene. Zudem bearbeiten die Spieler die Aufgaben in Einzelarbeit und können sich (bis auf Szene 10) beliebig viel Zeit für die Lösung der Aufgaben lassen.

Für Clipboards ist das Lernspiel „Der Wechsel“ ebenfalls sehr gut geeignet. Sie arbeiten am besten, wenn ihnen „konkrete Beispiele“ (Gregory, 2005, S. 49) vorgelegt werden. Da ihnen mit jeder Aufgabe des Lernspiels ein Alltagsbezug dargelegt wird, können sie auf überschaubare und aus ihrer eigenen Alltagswelt bekannte Situationen zugreifen. Zudem ermöglicht ihnen das Spiel durch die Thematisierung von zwei typischen Darstellungswechseln das Anwenden von Lösungsverfahren speziell für Aufgaben dieser Darstellung.

Deutlich erkennbar ist, dass bei der Gestaltung des Lernspiels „Der Wechsel“ lernförderliche Aspekte der vier Lerntypen – Beach Balls, Puppies, Microscopes und Clipboards – Beachtung gefunden haben. Gleiches gilt für lernfördernde Kriterien digitaler Lernumgebungen mit spielerischen Elementen, wie der Einbettung der Aufgaben in eine narrative Handlung.

Literatur:

Gregory, Gayle H. (2005): Differentiating Instruction With Style. Aligning Teacher and Learner Intelligences for Maximum Achievement. Thousand Oaks (übersetzt von Viktor Kirchner).

Testhefte HEUREKO (Unveröffentlicht): TU Darmstadt.

Internetquelle:

Stadtplan Darmstadt:

www.darmstadt.de/software/cityguide/Stadtplan/html/de/SP800x600XL.html, 03.03.2011.