K. Meyl’s vergebliche Versuche, Skalarwellen zu begründen:

eine Dokumentation

von Gerhard W. Bruhn, Technische Unversität Darmstadt

K. Meyl hat im Laufe der Zeit, offenbar unter dem Eindruck von Fehlschlägen, mehrere unterschiedliche Versuche gemacht, seine Skalarwellen-These theoretisch und experimentell zu untermauern.

1. Der Zugang über die Wellengleichung

2. Der Zugang über erweiterte Maxwell-Gleichungen

3. Der Zugang über angebliche Grundgleichungen der Elektrodynamik

4. Experimentelle Nachweisversuche

Es ist K. Meyl auf diese Weise gelungen, einige Verwirrung zu stiften, weil sich nur der Kenner da noch durchfinden kann. Auf der DGEIM-Tagung am 25.10.2003 hat Meyl demonstriert, dass auch ihm die Bedeutung seiner Skalarwellen-Bedingung rot E = 0 nicht mehr so ganz präsent ist. Dem und der bestehenden Verwirrung soll hier abgeholfen werden.

1. Der Zugang über die Wellengleichung

Dies ist Meyls ältester Zugang. Er findet sich als Vortragsmanuskript (deutsch und englisch) in

http://www.k-meyl.de/Aufsatze/Skalarwellen/skalarwellen.html

Die englischsprachige Version, vorgetragen auf einer SEE-Tagung in Amsterdam Anfang 2001, wurde dann auf mein Betreiben von dem Journal of Scientific Exploration abgedruckt [1], um mir eine Kritik [2] dieses Zugangs zu ermöglichen. Das Journal schreibt dazu im Editorial von Vol.15, No.2:

Die vom JSE eingeräumte Antwortmöglichkeit auf meine Kritik hat Meyl nie wahrgenommen.

Derselbe Ansatz findet sich dann auch auf den Seiten 5-9 von Meyls Buch EMV 3 von 2003 wieder. Meyl geht von der zutreffenden Tatsache aus, dass die Wellengleichung

(1.1)                                                               c2 ΔE = Ett

transversale wie longitudinale Lösungen zulässt.

Allerdings − und das war mein Hauptgegenargument schon in der JSE-Kritik − ist allgemein bekannt, dass auch die Ladungsfreiheit des Mediums zu beachten ist, was die Maxwell-Bedingung

(1.2)                                                               div E = 0

erfordert. Meyl aber glaubt, sich darüber hinwegsetzen zu können. Er fordert stattdessen oder richtiger zusätzlich auf den Seiten 6,8,9 von [3, Formel (21.4)]

(1.3)                                                               rot E = 0 ,

(erstmalig auf     http://www.k-meyl.de/Aufsatze/Skalarwellen/Bild2.gif)

was für E die Existenz eines skalaren Potentials φ sichert, E = grad φ, zu dessen Äquipotential-Flächen senkrecht und damit longitudinal die E-Wellen schwingen.

Nun darf man aber die Bedingung der Ladungsfreiheit (1.2) nicht ignorieren; und das reduziert dann wegen  der Identität

ΔE = grad div E − rot rot E

die Wellengleichung (1.1) auf

(1.4)                                                                 Ett = 0,

womit keine fortschreitenden Wellen, also auch keine Skalarwellen, mehr möglich sind.

Meyls Versuch Nr.1 ist damit gescheitert.

Grund ist die Ignorierung der Maxwellschen Neutralitätsbedingung (1.2), die natürlich bei Verwendung der Wellengleichung nicht vergessen werden darf. Vor diesem Fehler wird in der Literatur mehrfach gewarnt, z.B. von F. Hund [4, S.241 f.].

2. Der Zugang über erweiterte Maxwell-Gleichungen

Offenbar hat Meyl den Komplikationen mit dem 1. Zugang entnommen, dass man doch besser von den Maxwell-Gleichungen selbst ausgehen sollte. So findet sich auf S.118 von EMV 3 die folgende Rechnung:

Gegen diese Rechnung ist nichts einzuwenden, wenn man davon absieht, dass es wegen der Nichtexistenz magnetischer Monopole ein paar überflüssige, aber nicht weiter störende Terme gibt. Hier aber, auf S.118, hat Meyl seine schöne Longitudinal-Bedingung (1.3) von den Seiten 6-9 des Eingangskapitels von [3] schon vergessen. Für Longitudinalwellen braucht man rot E = 0. Die  aber reduziert Meyls Fundamentale Feldgleichung (FFG)

(2.1)                                        − c2 rot rot E = Ett + (α+β) Et + αβ E

ersichtlich sofort auf

(2.2)                                                   0 = Ett + (α+β) Et + αβ E

(mit durch Vergleich unmittelbar ablesbaren konstanten Koeffizienten (α,β).

Meyl betrachtet auch sog. Plasmawellen, d.h. Wellen der Ladungsdichte ρ = ε div E . Hierzu gibt es wegen der Quellenfreiheit aller Wirbelfelder, also wegen der Identität div rot = 0 , eine einfache Folgerung aus Meyls FFG (2.1), die sogar ohne die Verwendung der Skalarwellenbedingung (1.3) auskommt: Die Bildung der Divergenz der FFG liefert nach Multiplikation mit dem konstanten Faktor ε

(2.2')                                                      ρtt +(α+β) ρt + αβ ρ = 0 .

Diese gewöhnlichen Differentialgleichungen haben wie der Spezialfall (1.4) keine räumlich fortschreitenden Lösungen, keine Skalarwellen.

Damit ist auch Meyls Versuch Nr.2 gescheitert.

Der Leser findet Einzelheiten im Web unter

http://www2.mathematik.tu-darmstadt.de/~bruhn/Skalarwellen-einfach.htm

Der Fehlergrund ist hier für E, dass Meyl seine eigene Skalarwellenbedingung (1.3) ignoriert hat.

3. Der Zugang über angebliche Grundgleichungen der Elektrodynamik

Das ist der Zugang, über den Meyl erstmalig am 5.6.2002 an seinem Fachbereich an der FH Furtwangen vorgetragen hat, was wegen Beanstandung mathematischer Fehler zu einer außerordentlich langen und sehr kontroversen Diskussion führte. Denselben Vortrag hat Meyl dann wenige Tage später in Berlin auf der BINNOTEC vor Laien-Publikum gehalten. Freundlicherweise wurde seitens der Tagungsleitung eine Folge der von Meyl gezeigten Abbildungen ins Web gestellt,

http://mitglied.lycos.de/hartiberlin3/day3/

ab

http://mitglied.lycos.de/hartiberlin3/day3/binnotec_day3_012.jpg

woraus sich der gehaltene Vortrag (mit meinem Kommentar) leicht rekonstruieren lässt:

http://www2.mathematik.tu-darmstadt.de/~bruhn/Fehlerfortpflanzung.htm

Meyls Ziel ist die als Ausgangspunkt seines DGEIM-Vortrages am 25.10.2003 gezeigte Grundgleichung

(3.1)                                     v2 grad div E − c2 rot rot E = Ett ,

die original auch unter

http://mitglied.lycos.de/hartiberlin3/day3/binnotec_day3_038.jpg

zu sehen ist. Die "Herleitung" von (3.1) enthält eine Reihe von schwerwiegenden Fehlern, die im BINNOTEC-Kommentar detailliert besprochen werden. Auf der Basis dieser mathematischen Fehler kann eine gültige Theorie nicht entstehen. (3.1) ist für v ≠ c falsch.

Interessanterweise greift Meyl in "Herleitungen" seiner Gleichung (3.1), z.B. im BINNOTEC-Vortrag, erneut auf seine FFG (2.1) in der Form

http://mitglied.lycos.de/hartiberlin3/day3/binnotec_day3_035.jpg

zurück. Dabei beruft er sich auf zuvor "hergeleitete" Gleichungen, die wir hier zitieren wollen, ohne sie uns zu eigen zu machen (mit Bezifferung wie im BINNOTEC-Kommentar):

(M8)                                     D1 = − v div D ,
(M9)                                     B2 = − v div B ,

original nachzulesen in http://mitglied.lycos.de/hartiberlin3/day3/binnotec_day3_034.jpg oder auch in [3, S.116 (27.15-17)].

Nun weiß man:
1) Weil es keine magnetischen Monopole gibt, gilt immer div B = 0 . (M9) besagt daher 12 = 0 .
2) In elektrisch neutralen Medien (Luft, Vakuum) hat man auch div D = 0 . (M8) besagt daher 11 = 0 .
Aus 1) und 2) ergibt sich, dass - will man nicht Schaumschlägerei betreiben - Meyls FFGs (vgl. (2.1) mit α = 1/τ1 = 0 und β = 1/τ2 = 0) hiermit auf den "klassischen" Fall
                                     − c2 rot rot B = Btt                                      bzw.                                      − c2 rot rot E = Ett
reduziert werden können, die man unter den Quellbedingungen div B = 0 und div E = 0 zu diskutieren hat. Damit entfallen alle bei Meyl noch folgenden Komplikationen:
Man hat erneut das bereits im 1. Abschnitt behandelte Problem vor sich.

Damit ist auch Meyls Versuch Nr.3 gescheitert.

Der Grund besteht hier in den diversen Meylschen Herleitungsfehlern für diesen Zugang.

4. Meyls Experimentalvorführungen

Meyl versucht, seine Skalarwellen-These auch durch Vorführungen eines Experimentalsets zu untermauern, das beim Erfinder für 1.400 EURO (!!!) käuflich erworben werden kann. Dabei betont Meyl einerseits, seine Skalarwellen seien drahtlos und damit als Ersatz für die heute bei Handy-Kommunikation verwendeten Hertzschen Transversalwellen geeignet. Andererseits sind bei allen Vorführungen Sender und Empfänger durch ein sog. Erdungskabel leitend verbunden. Bei Vorführung seiner Weltneuheit am 3.3.2003 im Technologiepark Villingen-Schwenningen gab es erstmalig kein Kabel zwischen Sender und Empfänger − dafür aber eine Wanne mit Salzwasser als Verbindung. Einzelheiten finden Sie in

http://www2.mathematik.tu-darmstadt.de/~bruhn/Skw_E.htm

oder

http://www2.mathematik.tu-darmstadt.de/~bruhn/Skw_E.doc

Drahtlose Skalarwellenverbindungen zwischen Sender und Empfänger hat Meyl experimentell nicht vorgeführt.

Weitere Informationen über Experimente zu Meyls Skalarwellen findet man in [6] und [7].


Literatur

 

[1]       K. Meyl: Scalar Waves: Theory and Experiments, Journal of Scientific Exploration Vol.15, No. 2, pp.199-205, 2001

[2]       G.W. Bruhn: COMMENTARY: On the Existence of K. Meyls Scalar Waves, Journal of Scientific Exploration Vol.15, No. 2, pp.206-210, 2001

[3]       K. Meyl: Elektromagnetische Umweltverträglichkeit Teil 3, 2. Auflage, INDEL Verlag (2003)

[4]       F. Hund, Theorie der Elektrizität und des Magnetismus, BI Leipzig 1947

[5]       G.W. Bruhn,: Diverse Schriften zu Meyls Thesen, gepostet auf

http://www2.mathematik.tu-darmstadt.de/~bruhn/

[6]       K. Keck: Die Meyl'schen Skalarwellen - Nur wissenschaftliches Fehlverhalten oder irreführende Vermarktung von Pseudowissen?

http://home.t-online.de/home/inova-tec/pseudo/skalar/

[7]       H. Weidner e.a.: Experimente zum Nachweis von Skalarwellen:

                http://www.gravitation.org/start/Versuche/durchgefuhrt/Meyl2/meyl2.html

    http://www.gravitation.org/start/Versuche/durchgefuhrt/Meyl1/body_meyl1.html