12.08.2004

Prof. Dr. Gerhard W. Bruhn
Fachbereich Mathematik
Technische Universität Darmstadt

Stellungnahme zu Prof. Runckels Gutachten zu den Meylschen Theorien

Herr Prof. Dr. K. Meyl hat sich, nachdem seine abenteuerlichen Thesen in der Öffentlichkeit (s. [7], [3]) wie auch an der eigenen Hochschule [6] auf scharfe Ablehnung stießen, seinem Dekan Prof. Hönl gegenüber immer wieder auf Positiv-Gutachten mehrerer Universitätsprofessoren der Mathematik berufen. Erst nach langem Drängen seines Dekans gab Herr Meyl dann endlich seine Unterstützer preis; seine Unterstützer-Liste war auf einen einzigen Namen zusammengeschrumpft: Prof. Dr. Hans-J. Runckel, Abt. Finanzmathematik der Universität Ulm, auch tätig für die MUFON-Organisation.
Daraufhin forderte Dekan Hönl Herrn Runckel zu einer Stellungnahme auf, die dann Ende November 2003 unter der Bezeichnung "Betr. Theorien von Herrn Prof. Meyl" einging [1].

Die sachliche Begründung seines Gutachtens hat Prof. Runckel in zwei Anlagen (s. Anlage 1 und Anlage 2) gegliedert, die, wie sich im folgenden zeigen wird, schwere Mängel aufweisen und deswegen in keinem Punkt geeignet sind, die Meylschen Theorien zu stützen, wie das wohl die Absicht des Referenten Runckel war. Als offizielles Gutachten der Universität Ulm (unter dem Logo der Universität Ulm auf dem Anschreiben) zur Unterstützung einer anderen Hochschule kann man das Gutachten nur als bemerkenswert unqualifiziert bezeichnen. Dabei ist zu beachten, dass Herr Runckel von Herrn Meyl in dessen Buch [3; S.130 f.] ausdrücklich als Ratgeber genannt wird. Seine Unparteilichkeit dürfte daher in Frage zu stellen sein.

Herrn Runckel war zum Zeitpunkt der Abfassung seines Gutachtens bekannt, dass gegen die Thesen des Herrn Meyl schwerwiegende Einwände bestehen [3], u.a. durch Mails und Diskussionsangebote von meiner Seite (die Herr Runckel nie beantwortet hat). Stattdessen versucht der Referent Runckel allerlei, um mit Scheinargumenten die wissenschaftlich unhaltbaren Thesen des Herrn Meyl zu retten.

Die Einwände gegen Meyls "Theorie" waren zunächst physikalischer Art, was die Meylschen Grundgleichungen (M1-2) betraf: Eine missverstandene Version der Transformationsgleichungen der elektromagnetischen Felder zwischen gegeneinander nichtrelativistisch bewegten Inertialsystemen, s. [4; § 63*] und [5; S.924]. Hierauf geht Herr Runckel überhaupt nicht ein. - Wenn man aber die Gleichungen (M1-2) dennoch als Hypothese akzeptiert, ergeben sich hinsichtlich ihrer Lösbarkeit sofort mathematische Einwände, die Herr Runckel durch ein (unangemessenes) Iterationsverfahren zu entkräften sucht (s. Meyls Buch [3, S.128] und Herrn Runckels Anlage 1). Wie man durch elementare Rechnung sehen kann, sind die Meylschen Grundgleichungen nichttrivial nur für |V| = c lösbar, was dann Auswirkungen auf die in Anlage 2 auftretende Größe W (= V) hat, von der Meyl auch die Fälle |V| < c und |V| > c wesentlich in Betracht zieht. Außerdem besteht gegen die Meylschen Grundgleichungen der mathematisch-physikalische Einwand, dass das Superpositionsprinzip elektromagnetischer Wellen verletzt ist. Dazu gibt es keine Stellungnahme von Herrn Runckel.

Des weiteren wurde Meyls "Herleitung" von (Pseudo-)Maxwell-Gleichungen aus seinen Grundgleichungen kritisiert, weil eine mathematisch falsche Regel (M) zur Anwendung kam. In seiner Anlage 2 geht Herr Runckel nun auch von den Meylschen Grundgleichungen (M1-2) aus, um dann den Kritikpunkt der mathematisch falschen Regel (M) kurzerhand als "Ansatz" zu deklarieren. Sodann versucht Herr Runckel, die Meylsche Herleitung seiner "Fundamentalen Feldgleichung" zu begründen. Dabei unterläuft ihm aber der Fehler, dass er statt der von Meyl benutzten Regel (M) eine andere (ähnliche) Ausgangsgleichung (R1) zu Grunde legt, was sein Meyl stützendes Resultat unbrauchbar macht.

Zusammenfassung der Mängel des Runckelschen Gutachtens

1.1 In Herrn Runckels Anlage 1 stimmen die verwendeten Gleichungen nicht mit den Meylschen Grundgleichungen überein. Das von Herrn Runckel vorgeschlagene und von Meyl übernommene Iterationsverfahren zur Bestimmung von Lösungen der Meylschen Grundgleichungen ist deshalb irrelevant.

1.2 Der Referent Runckel hätte die offenkundige Tatsache bemerken müssen, dass Meyls Grundgleichungen das Superpositionsprinzip elektromagnetischer Wellen verletzen.

1.3 Auch die fehlende Übereinstimmung der Meylschen Transformationsgleichungen (M1-2) mit den von Meyl per Zitat [4] und [5] genannten korrekten Transformationsgleichungen hätte dem Referenten auffallen müssen.

1.4 Der Referent Runckel hat die Feststellung Meyls in [3; S.126] übersehen, dass dessen Transformationsgleichungen (M1-2) nur für |V| = c nichttrivial lösbar sind.

1.5 Eine Relativgeschwindigkeit [3; S.126] von der Größe der Lichtgeschwindigkeit, |V| = c, müsste selbst einem physikalisch unerfahrenen Referenten zu denken geben, nicht so Herrn Runckel.

2.1 In Anlage 2 kennt Herr Runckel plötzlich die Meylschen Grundgleichungen, übergeht jedoch den Meylschen "Herleitungsprozess" der Maxwell-Gleichungen mit Schweigen, obwohl dieser auf einer mathematisch ungültigen Meylschen Version der mehrdimensionalen Kettenregel (Regel (M) s.u.) beruht.

2.2 Der Referent Runckel hält die mathematisch falsche Meylsche Regel (M) für einen möglichen physikalischen Ansatz.

2.3 Weiter benutzt Herr Runckel fälschlich eine zu Regel (M) ähnliche aber nicht identische Regel (R1), um eine von Meyl behauptete "Fundamentale Feldgleichung" zu beweisen. Die Verwendung von Meyls Regel (M) an Stelle von (R1) führt zu einem "fast" identischen Ergebnis, das aber die Herleitung der Meylschen "Fundamentalen Feldgleichung" nicht erlaubt.


Zu Prof. Runckels Anlage 1

Herr Runckel schreibt im Anschreiben zu seinem Gutachten:

"In meiner Anlage 1 beziehe ich mich auf die mathematische Darstellung von Herrn Meyl in Band 3, Seiten 126 bis 134, die möglicherweise zu Missverständnissen geführt hat."

In der Tat, da gibt es einige Missverständnisse auf Seiten der Herren Meyl und Runckel: Meyl geht in [3; S.126, Gleichungen (27.1-4) und (28.1-2)] von den "Transformationsgleichungen"

(M1)         H = −V × D = −εV × D
(M2)         E =    V × B =   μV × H

aus (M = Meyl), die er auf S.112 als seinen "neuen und dualen Feldansatz" bezeichnet.

Herr Runckel wiederum hat nun Herrn Meyl missverstanden und interpretiert die Meylschen Gleichungen als

(R1)         H = − V × Do = − εV × Do
(R2)         E =     V × Bo =   μV × Ho

(R = Runckel), unter Einfügung des Index o an die rechts auftretenden Feldgrößen. Mit diesem listigen Einfall gelingt es Herrn Runckel, die lästige Rückkopplung zwischen linker und rechter Seite aufzuheben. Man könnte fast meinen, Herr Runckel habe die von ihm oben zitierte S. 126 in [3] nicht bis zum Ende gelesen, wo Herr Meyl in Tafel 28.1 sehr richtig nachweist, dass |V| = c eine notwendige Bedingung für die Existenz nichttrivialer Lösungen der Meylschen Grundgleichungen (M1-2) ist.

Deshalb geht das von Herrn Runckel vertretene Iterationsverfahren an der Meylschen Fragestellung völlig vorbei. Es ist für die Meylsche Problemstellung, nämlich eine Lösung seiner Grundgleichungen (M1-2) zu finden, nicht verwendbar.

Zu diesen mathematischen Gründen kommen noch drei physikalische Gründe, die der Referent Runckel, wie er in Anlage 2 einräumt, möglicherweise nicht beurteilen kann:

a. Die Meylschen Grundgleichungen (M1-2) verletzen das Superpositionsprinzip elektromagnetischer Wellen. Bereits die Überlagerung zweier gegenläufiger ebener Sinus-Wellen, eine einfache stehende Welle, ist keine Lösung der Meylschen Grundgleichungen (M1-2) mehr.

b. Meyls Missverständnis der Transformationsgleichungen. Meyl verweist hinsichtlich der Herkunft seiner Grundgleichungen (M1-2) auf S.113, Fußnote, auf R.W. Pohl und K. Simonyi. Dort, in [4; § 63*] und [5; S.924], findet man jedoch übereinstimmend die Gleichungen

(1)         H' = HV × D = H − εV × D ,
(2)         E'  = E + V × B = E + μV × H ,

wobei H', E' usw. die Felder sind, die in einem Inertialsystem S' auftreten, das gegen ein Inertialsystem S mit der Relativgeschwindigkeit V bewegt wird, in dem die Felder H, E usw. beobachtet werden.

c. Die Geschwindigkeit V: Meyl bezeichnet V auf S.126 (also im Bereich von Anlage 1 als "Relativgeschwindigkeit" (wozwischen?), um auf derselben Seite unten zu der Feststellung |V| = v = c zu gelangen. Das sollte selbst einem unerfahrenen Referenten merkwürdig vorkommen:
Relativgeschwindigkeit von der Größe der Lichtgeschwindigkeit???
Auf S.133 in [3] ist dann noch "von zwei mit unbeschleunigter Geschwindigkeit V gegeneinander bewegten Inertialsystemen" die Rede.


Zu Prof. Runckels Anlage 2

Dazu Herr Runckel im Anschreiben:

"In der Anlage 2 beziehe ich mich dann auf die Seiten 113 bis 123 in Band 3 auf die mathematisch zwar nicht exakte aber durch formale Überlegungen gestützte Herleitung einer möglichen Schwingungsgleichung für Longitudinalwellen, die man zumindest zur Diskussion stellen sollte. ..."

Gut! Hier wird diskutiert: Meint Herr Runckel mit "mathematisch nicht exakt" dasselbe wie reparabel?

Überraschenderweise geht Herr Runckel jetzt in Zeile 1 von den Meylschen Grundgleichungen (M1-2) aus. Herr Runckel schreibt ohne Angabe von Einzelheiten, dass sich daraus "Formeln ergeben, die mit den bekannten Maxwell-Gleichungen viel Ähnlichkeit haben". Damit übergeht er "elegant" den fehlerhaften Teil der Meylschen "Herleitung" der Maxwellschen Gleichung. Hat Herr Runckel das nicht bemerkt oder ist das etwa unwichtig?

Ich rekapituliere Meyls "Herleitung":

Meyl behauptet, aus (M1-2) die Maxwellschen Gleichungen herleiten zu können. Dazu bildet er zunächst von beiden Gleichungen die Rotation unter der Annahme konstanten Vektors V. Das ergibt unter Verwendung von
                A×(B×C) = (A·C) B − (A·B) C

(M3)         rot H = − rot (V × D) =    (V · Nabla) D) − V div D
(M4)         rot E =     rot (V × B) = − (V · Nabla) B) + V div B

Soweit einverstanden. Jetzt fehlen hier aber die in den Maxwellschen Gleichungen auftretenden Zeitableitungen. Dafür meint Meyl für beliebige C1-Vektorfelder F(x,t) auf die folgende Regel zurückgreifen zu können:

(M)                 F/∂t = (V · Nabla) F .

Man sieht einerseits, dass die Regel (M) die Gleichungen (M3-4) in die "Maxwellsche Gestalt" überführen würde. Andererseits aber liefern die Felder F = x und F = Vt Gegenbeispiele, die zeigen, dass (M) nicht allgemeingültig sein kann.

Meyls "Herleitung der Maxwell-Gleichungen" ist demnach mathematisch falsch, also irreparabel. Das nennt Herr Runckel eine "zwar nicht exakte aber durch formale Überlegungen gestützte Herleitung"!

Zurück zum Gutachten von Herrn Runckel. Er schreibt:

"Dann mache man die folgenden physikalischen Annahmen, die der Referent nicht beurteilen kann:

            (R1)     B/∂t = (grad B) W                und             (R2)    τ2−1 B = − (div B)W ."

Doch die Runckelsche Formel (R1) ist schon aus formalen Gründen inkonsistent, was einem Referenten durchaus auffallen sollte: Links steht ein Vektor, rechts aber hintereinander ein (nicht spezifiziertes) Produkt von drei Vektoren, das keinen Vektor liefern kann.

Mit der ersten Zeile von S. 2 (Anlage 2) wird allerdings ein Skalarpunkt nachgeliefert. Die fragliche Gleichung lässt damit unter sinngemäßer Umklammerung interpretieren als

            (R1')    B/∂t = grad (B · W) .

Einsetzen von (R2) in (R1') ergibt dann

                τ2−1 ∂B/∂t = grad (τ2−1 B · W) = − grad [(div B) W · W]
                               = − grad div B (W · W) = − W · W grad div B ,

wegen der Konstanz von W. Damit ist das Ziel von Herrn Runckel mit einwandfreier Rechnung erreicht.

Doch diese wie die Runckelsche Rechnung ist nutzlos, weil die Gleichung (R1) nicht bei Meyl zu finden ist. Bei Meyl wird stattdessen die schon oben erwähnte Gleichung

(M)                 B/∂t = (W · Nabla) B .           (W = V konstant)

"postuliert", d.h. ohne mathematische Begründung angenommen. Natürlich ändert die Verwendung von (M) an Stelle von (R1) das Ergebnis. Man erhält durch Einsetzen von (R2) in (M)

                τ2−1 ∂B/∂t = (W · Nabla) (τ2−1 B) = − (W · Nabla) [(div B) W]
                               = − W (W · Nabla) div B = − W W · grad div B .

Die beiden Ergebnisse für τ2−1 ∂B/∂t

Runckel:                − W · W grad div B
korrekt:                 − W W · grad div B

unterscheiden sich in der Stellung des Skalarpunktes und mithin in der Richtung des Ergebnisvektors: Der Runckelsche Vektor hat die Richtung von grad div B, der korrekt berechnete Vektor hat die Richtung von W. Deshalb können beide Ergebnisse trotz Ähnlichkeit nicht übereinstimmen, d.h.:

Das Runckelsche Ergebnis ist für die Beurteilung der Meylschen Rechnung nicht verwendbar.


Quellen

[1]         H.-J. Runckel: Gutachten über die Meylschen Theorien; 21.11.2003

[2]         K. Meyl: EMUV Teil 3

[3]         G.W. Bruhn: Diverse Beiträge zu Meyls Thesen, u.a. in Zwölf Fragen an Professor K. Meyl

[4]         R.W. Pohl: Elektrizitätslehre, Springer Verlag, 20. Auflage 1967

[5]         K. Simonyi: Theoretische Elektrotechnik, 7. Auflage 1979

[6]         R. Hönl: Tesla + Skalarwellen + Neutrinos + ... WAS MEINEN WIR DAZU

[7]         K. Keck: Die Meyl'schen Skalarwellen